Ein Veranstaltungsrückblick
Am 15. März fand, anlässlich des internationalen Frauentages am 08. März, eine Veranstaltung der BÜNDNISGRÜNEN Landtagsfraktion mit dem Schwerpunkt Feminismus in Ostdeutschland statt. Dazu hatte Lucie Hammecke, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag, die Historikerin Dr. Jessica Bock eingeladen.
Zunächst begrüßte die Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert die Teilnehmer*innen der Veranstaltung. Dabei ging sie insbesondere auf die Folgen des Krieges in der Ukraine ein. Frauen, die alles zurücklassen mussten und oft mit kleinen Kindern flüchteten, belastet die Sorge um ihre Partner und Söhne stark, die in der Ukraine zurückbleiben. Auch bei geglückter Flucht beschäftigt diese Sorge um ihre Liebsten sie jeden Tag. Franziska Schubert richtete den Blick auch auf die zahlreichen Frauen, die in kürzester Zeit zivilgesellschaftliche Netzwerke aus dem Boden stampfen, um den Anlauf staatlicher Strukturen zu überbrücken und schnell und unbürokratisch zu helfen. Es sei wichtig eine größere Aufmerksamkeit auf diese enormen Leistungen zu richten und die Perspektiven derer, die jeden Tag anpacken in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
Anschließend hielt Dr. Jessica Bock einen Vortrag zum Thema „Feministische Kämpfe um 1989 in Ostdeutschland.“ Dabei ging sie auf die vielen Frauengruppen ein, die sich Ende der 80er Jahre in der DDR gründeten und an den vielen Runden Tischen auch ihren Platz beanspruchten. Statt Männer über Gleichberechtigung reden zu lassen, wollten sie sich selbst in die Debatten einbringen. Auch war die Teilnahme an Sitzungen essenziell, um relevante Informationen zu erlangen und diese nutzen zu können.
„Wer im Moment zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, der weiß was passiert und wenn man nicht da ist, dann weiß man nichts und bekommt auch nichts.“
Fraueninitiative Leipzig
Dr. Bock berichtete, dass die Teilnahme an Runden Tischen keineswegs eine Selbstverständlichkeit war. Während in Leipzig die Fraueninitiative einen Sitz am Runden Tisch erlangte, wurde dies in Dresden und Chemnitz zunächst mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei den Frauengruppen nicht um eine Partei, sondern nur um eine Interessenvertretung. Zum Teil wurde dies von frauenfeindlichen Aussagen wie „Frauen sollen lieber arbeiten und nicht dumm rumreden“ begleitet. Auch in den Listenaufstellungen zu den folgenden Wahlen auf den verschiedenen Ebenen, in denen sich die Frauengruppen oft mit den Grünen zu einer Liste zusammenschlossen, zeigte sich, wie schwierig es war in diesen Bündnissen relevante Plätze auszuhandeln.
Dabei zeigte sich, dass die Frauen durch erlangte Mandate Erfolge für ihre Ziele erkämpfen konnten. So konnte 1989 in Leipzig bei der Umverteilung von SED-Immobilien eine Immobilie für ein Frauenhaus gesichert werden. In den 90er Jahren kämpften die Frauen vor allem gegen den Wegfall von Arbeitsplätzen insbesondere für Frauen und für einen Erhalt der Kindergärten, die vieler Orts geschlossen wurden. So sagte Marion Ziegler, Mitglied im Leipziger Stadtrat 1990: „Und ich war eigentlich im Stadtparlament, weil ich mir gesagt habe, ich muss eigentlich Schadensbegrenzung betreiben. Ich kann nicht mehr reformieren, ich kann nur noch versuchen so viel Schaden wie möglich verhindern.“
Nach dem Vortrag von Dr. Jessica Bock sprach Lucie Hammecke über feministische Themen heute. Viele Themen, die damals diskutiert wurden, seien auch heute noch relevant. Bei den vielen Fortschritten, die bereits gemacht wurden, sei klar: Demokratie funktioniert nur mit der Teilhabe von Frauen und wir sind noch lange nicht am Ziel. Auf Erfolge der Gleichberechtigung folgten neue Rollbacks, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.