Veranstaltungsrückblick

Am 19. November fand unsere digitale Veranstaltung zum Thema „Fairer Handel: Sächsische Unternehmen und Verantwortung in Lieferkette“ statt. Um vielfältige Einblicke in diese Themenbereiche gewinnen zu können, hatten wir die sächsische Europaabgeordnete Anna Cavazzini, Bettina Musiolek vom Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen und zwei fair wirtschaftende Unternehmen zu Gast. 

Wir bedanken uns an dieser Stelle nochmals bei allen Referent*innen und Teilnehmer*innen für diesen schönen Abend. 

Die Veranstaltung begann mit einer Frage an die Teilnehmenden: Was ist euer Bezug zu fairem Handel? Bereits mit dem Begriff „fair“ fängt jedoch das Problem an, denn dieser ist rechtlich nicht geschützt. Die Kennzeichnung von Gütern als „fair“ sagt also lange noch nichts aus. Dass es trotzdem Unternehmen gibt, deren Unternehmensphilosophie darin besteht, diesem Begriff wirklich gerecht zu werden, zeigte dieser Abend. 

Massive Probleme bezüglich fairen Handels gibt es in vielen verschiedenen Sektoren – ganz vorne dabei: Der Textilsektor. Ein Unternehmer aus der Textilbranche war zu Gast bei der Veranstaltung: Andreas Reinhardt, Geschäftsführer des Unternehmens Modespitze Plauen. In der bekannten Manufaktur wird GOTS-zertifizierte Spitze aus biologisch erzeugten Naturfasern hergestellt und die Lieferkette der dafür benötigten Güter wird so kurz wie möglich – im Idealfall regional – gehalten. Während Plauener Spitze „Made in Germay“ ist, stammen beinah alle unsere Textilien aus dem asiatischen Raum – aus China, Bangladesch oder Indien. 

Dass jedoch nicht nur Asien, sondern auch in der europäischen Textilbranche beinah jede Spur von „Fairness“ fehlt, zeigt uns an diesem Abend Bettina Musiolek vom Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen. Musiolek koordiniert die Arbeit der internationalen Clean Clothes Campaign in der Region Ost-, Mittelost-, Südosteuropa und Türkei. In einer jüngsten Studie von der Clean Cloth Campaign und Brot für die Welt wurden gravierende Menschenrechts- und Arbeitsrechtsverletzungen in der Produktion für deutsche Modemarken offengelegt. Untersucht wurden Lieferant*innen in Serbien, der Ukraine, Kroatien und Bulgarien – festgestellt wurden Menschenrechtsverletzungen direkt vor der Haustür, in Europa, die durch die Corona-Pandemie weiter verschärft werden. 

Ein anderes Produkt, das einen weiten Weg bis zu uns hat, ist KaffeeJens Klein, Vorstandsmitglied der Leipziger Genossenschaft Café Chavalo, erzählte uns an diesem Abend von der Lieferkette seines Unternehmens: hier wird der Kaffee direkt bei den Erzeugern in Nicaragua gekauft, d.h. ohne Zwischenhändler*innen und direkt von den Familien bzw. den Kooperativen, die im Kaffeeanbau tätig sind. Dadurch wird nicht nur sichergestellt, dass der Preis bei den Erzeugern auch wirklich ankommt, sondern dass dieser auch fair ist: der Preis, der gezahlt wird, liegtüber dem variablen Weltmarktpreis (genauer das Zweieinhalbfache des Marktpreises).

Dass solche Unternehmen, die sich freiwillig um fairen Handel bemühen, jedoch eher die Ausnahme bilden und dringender Handlungsbedarf besteht, zeigten zuletzt die diesjährigen Ergebnisse des NAP-Monitoring-Verfahrens der Bundesregierung (Auswertung der Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte): weniger als 20 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland haben ihre – bisher auf Freiwilligkeit beruhende – menschenrechtliche Sorgfaltspflicht entlang ihrer Lieferketten umgesetzt. Als Reaktion auf dieses Ergebnisse wurde seitens der Bundesregierung ein nationales Lieferkettengesetz angekündigt – wenige Monate zuvor kündigte ebenfalls der EU-Justizkommissar Didier Reynders einen Entwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz für 2021 an. 

Anna Cavazzini, GRÜNE Europaabgeordnete, begrüßt die Ankündigung eines Lieferkettengesetzes und erklärte an diesem Abend, worauf bei diesem Gesetzesvorhaben Wert gelegt werden sollte: Zum einen sollte das Gesetz neben sozialen auch ökologische Standards beinhalten, so dass sich die Sorgfaltspflicht der Unternehmen sowohl auf den Schutz von Menschen- als auch Umweltrechten bezieht. Zum anderen sollte das Gesetz horizontal gelten und dementsprechend alle Sektoren umfassen. Ein weiterer zentraler Punkt: Es sollte eine konkrete Haftungsverpflichtung eingeführt werden, diese greift, wenn die Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sind.

Fakt ist, dass der Handel immer noch weit davon entfernt ist, fair zu sein. Menschenrechtsverletzungen entlang von Lieferketten finden statt. Es braucht verbindliche und klare gesetzliche Regelungen, die die Unternehmen dazu verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die Einhaltung von Menschen- und Umweltrechte entlang ihrer gesamten Lieferkette gewährleistet wird. 

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