BÜNDNISGRÜNE: Es braucht einen Dialog zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes

Hammecke: Die Situation von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern ist durch die Corona-Pandemie besonders prekär geworden, Verbotsdiskussionen tragen aber keineswegs zur Problemlösung bei

Dresden. Der Ausschuss für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Sächsischen Landtages hat sich in seiner heutigen Sitzung unter anderem mit der Situation von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern im Freistaat Sachsen beschäftigt. Dazu erklärt Lucie Hammecke, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Die Anhörung hat sehr deutlich gemacht: Die Situation von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern ist durch die Corona-Pandemie besonders prekär geworden. Das gilt insbesondere für all diejenigen, die es sich schlichtweg nicht leisten können, einfach aufzuhören und deshalb trotz Verbotes unter noch prekäreren Bedingungen weiterarbeiten.“

„Die aktuelle Situation zeigt auch, dass Diskussionen um Verbote, wie etwa das Nordische Modell oder ein Sexkaufverbot, die Situation für Sexarbeitende nur verschlechtern würden. Darauf haben wir BÜNDNISGRÜNE bereits im Juli aufmerksam gemacht.“

„In der Anhörung wurden zudem die Schwächen bei den bundesgesetzlichen Regelungen wie dem Prostituiertenschutzgesetz oder bei steuerrechtlichen Fragen wie dem Düsseldorfer Verfahren deutlich, auch bei der Umsetzung in Sachsen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass es jetzt endlich zu einem Dialog zwischen dem Freistaat, den Kommunen sowie Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes kommt. Es ist richtig und wichtig, dass dafür im Sofortprogramm ‚Start 2020‘ Geld von der Staatsregierung eingestellt wurde.“

„Gleichwohl ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um über eine komplette Wiederaufnahme von Sexarbeit zu sprechen. Die Corona-Pandemie hat Deutschland und auch Sachsen weiterhin fest im Griff. Weite Teile des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens sind heruntergefahren. Zudem besteht die Gefahr einer Ausbreitung der Virus-Mutationen. Die Anhörung hat aber gezeigt, dass der Betrieb für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter bei entsprechenden Fallzahlen unter Vorlage von differenzierten Hygienekonzepten und einem Stufenmodell möglich sein kann. Dies wurde auch im vergangenen Jahr für zwei Monate durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung ermöglicht.“

Linda Apsel, Sozialarbeiterin in der Aidshilfe Leipzig, Fachberatungsstelle Sexarbeit, betonte in der Anhörung:

„Sexarbeit sollte gleichgestellt mit anderen Branchen behandelt werden. Denn Sexarbeit ist Lohnarbeit. Was wir brauchen, ist ein Fahrplan, wie in anderen Branchen auch. Aktuell wenden sich viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter in Notsituationen an uns. Das zeigt uns, dass Beratungsstrukturen flächendeckend in Sachsen gestärkt werden müssen. Außerdem ist es in der momentanen Situation unabdinglich, dass die Beratung und Untersuchung durch die Gesundheitsämter konstant weitergeführt werden.“

Weitere Informationen:
>> Hintergrund zum Düsseldorfer Verfahren (Berufsverband Sexarbeit)