Der Schutz von Frauen ist staatliche Verpflichtung

Hammecke: Jede dritte Frau ist mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen – Hilfsstrukturen müssen ausgebaut werden!

Dresden. In der kommenden Plenarsitzung des Sächsischen Landtages wird ein Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und SPD zur Verbesserung des Gewaltschutzes im Freistaat behandelt. Er beinhaltet ein umfassendes Maßnahmenpaket zum besseren Schutz von Frauen, Kindern und Männern vor sexualisierter und häuslicher Gewalt.

Dazu erklärt Lucie Hammecke, gleichstellungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:

„Sexualisierte und häusliche Gewalt sind ein gesamtgesellschaftliches Problem. Jede dritte Frau ist mindestens einmal in ihrem Leben von Gewalt betroffen, an jedem dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet. Der gemeinsame Antrag ist ein Arbeitsauftrag an die sächsische Regierung und ein Bekenntnis zur weiteren Umsetzung der Istanbul Konvention.“ 

„Für uns BÜNDNISGRÜNE ist es von großer Bedeutung, dass Hilfestrukturen wie Frauenhäuser oder Beratungsangebote flächendeckend ausgebaut werden und schutzsuchende Frauen, Kinder und Männer einen Platz in einer Gewaltschutzeinrichtung finden. Hierfür haben wir uns bereits im Koalitionsvertrag auf eine Reihe von Maßnahmen geeinigt. Der Freistaat Sachsen ist verpflichtet, ausreichend Maßnahmen zum Schutz von Betroffenen zu ergreifen, denn ein Leben ohne Gewalt ist ein Menschenrecht, der Schutz von Frauen staatliche Verpflichtung.“

Die Maßnahmen des Antrags sind:

  1. Die Schutzplätze in Sachsen sollen bedarfsgerecht ausgebaut werden, um sich den Empfehlungen der Istanbul Konvention anzunähern. Gerade im ländlichen Raum fehlt es noch an einem flächendeckenden Netz an Schutzwohnungen oder Frauenhäusern.
  2. Wir wollen Verbesserungen hinsichtlich der Barrierefreiheit von Schutzeinrichtungen erreichen, denn Frauen mit Behinderung sind überdurchschnittlich oft von häuslicher Gewalt betroffen.
  3. Ein zweijähriges Monitoring soll darüber berichten, wie die vorhandenen Kapazitäten verteilt sind und wie der Ausbau der Barrierefreiheit vorangeht.
  4. Eine Landeskoordinierungsstelle soll bestehende Hilfsangebote besser organisieren. Dazu gehört auch ein flächendeckendes Netz an Interventions- und Koordinierungsstellen, das mit Beratungsstellen, Polizei und Justiz vernetzt wird.
  5. Wir wollen eine Dunkelfeldstudie zur Viktimisierung vorrangig durch häusliche und sexualisierte Gewalt sowie Stalking, da die Dunkelziffer im Bereich häusliche und sexualisierte Gewalt weiterhin sehr hoch sind.

Hintergrund:

Die Istanbul Konvention ist ein Menschenrechtsabkommen zur Bekämpfung und Verhütung geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen und seit Februar 2018 in Deutschland geltendes Recht und die Umsetzungspflicht gilt auch für Sachsen in vollem Umfang.

In Deutschland gab es laut polizeilicher Kriminalstatistik im Jahr 2018 – weitere Zahlen liegen noch nicht vor – 114.393 weibliche Opfer von vollendeten und versuchten Delikten sogenannter Partnerschaftsgewalt. Mehr als 3.100 Personen wurden Opfer sexueller Übergriffe und sexueller Nötigungen im Rahmen von Beziehungen im sozialen Nahbereich, davon waren 92 Prozent weiblich. Das hohe Maß an Gewalt belegt auch eine Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte aus dem Jahr 2014, nach der 33 Prozent der befragten Frauen in Europa seit dem 15. Lebensjahr körperliche und seelische Gewalt erfahren haben.