Ein persönlicher Rückblick
Vom 23. Juli bis zum 29. Juli 2021 waren meine Brandenburger Landtagskollegin, Ricarda Budke, und ich gemeinsam auf Sommertour. Mit dem Fahrrad sind wir – immer den Oder-Neiße-Radweg entlang – von Zittau bis Frankfurt (Oder) gefahren und haben unter dem Motto „Im Osten geht die Sonne auf“ Menschen besucht, die ihre Region gestalten und grenzüberschreitend leben.
Ich freue mich, Euch hier einen kurzen Bericht unserer Reise vorzustellen:
Tag 1: Drei Länder Eck bis Görlitz
Unsere Tour startete an einem ganz besonderen Punkt, dem Drei-Länder-Eck. Dort treffen sich die Grenzen von Deutschland, Tschechien und Polen. Vor Ort hatten wir Gespräche zum Thema grenzübergreifenden Personennahverkehr, denn dies ist mit nicht nur drei Verkehrsverbünden, sondern drei Nationen gar nicht so einfach zu koordinieren – aber sehr zentral für die Menschen, die dort wohnen, arbeiten und leben.
Danach ging es weiter auf polnischer Seite zum Tagebau Turów; einem sehr großem und tiefem Braunkohletagebau, der sogar noch erweitert werden soll. Dieser Tagebau sorgt für große Spannungen zwischen den europäischen Nachbarn, denn der Braunkohleabbau führt bereits jetzt zu massiven Grundwasserproblemen in Tschechien und auch die Region und Stadt Zittau werden davon betroffen sein. Mehr Infos gab es bei der Station von Greenpeace Oberlausitz.
Von dort führte uns unser Weg in Richtung Ostritz. Dort konnten wir im Internationalen Begegnungszentrum die Menschen kennenlernen, die das Friedensfest mitorganisieren, aber auch vielfältige politische Bildungsarbeit und in letzter Zeit auch Polnisch-Kurse anbieten.
- Link zum Internationalen Begegnungszentrum: https://www.ibz-marienthal.de/
- Mehr Infos zu Turów bei meinem Kollegen Daniel Gerber: https://danielgerber.eu/tag/turow/
Tag 2: Görlitz bis Rothenburg
Der Tag in Görlitz startete mit einer politischen Stadtführung durch Görlitz mit Franziska Schubert, Fraktionsvorsitzende der bündnisgrünen Fraktion Sachsen, und Prof. Dr. Joachim Schulze (bündnisgrüner Stadtrat) zu kommunalpolitischen Fragen, wie der Stadthalle, dem neu eröffneten Kulturforum Synagoge oder Fragen wie einer autofreie(eren) Innenstadt. Danach ging es für uns in die Rabryka, einem ziemlich coolen, soziokulturellem Zentrum, in dem wir den Gemeinschaftsgarten, ein ESF gefördertes Stadtteilprojekt, besucht haben. Dort können alle Menschen gemeinsam den Garten gestalten, anpflanzen, ernten und ganz im Sinne einer essbaren Stadt – naschen!
- Hier der Link zur Veranstaltungstipps in der Rabryka: https://www.rabryka.eu/de/
Tag 3: Rothenburg bis Bad Muskau
Nachdem wir am Vorabend noch nach Rothenburg geradelt sind, ging es Sonntagsvormittags weiter nach Klein Priebus, dort trafen wir Arielle Kohlschmidt. Arielle ist Teil des Teams von Raumpioniere Oberlausitz, die es sich als Mission gesetzt haben, Menschen zu helfen, die in die Region ziehen wollen. Sie sind ein Netzwerk aus Zu- und Zurückgezogenen, organisieren Veranstaltungen, wie Landebahn für Landlustige und beraten bei ganz praktischen Fragen zum Umzug in die Oberlausitz. Nach einem wunderbaren Vormittag bei Arielle ging es weiter nach Bad Muskau, dort befindet sich ein grenzübergreifendes UNESCO Weltkulturerbe mit dem Muskauer Park/Park Mużakowski. Dort trafen wir die lokalen Bündnisgrünen und konnten ihre Eindrücke von vor Ort gewinnen.
- link zu den Raumpionieren: https://www.raumpioniere-oberlausitz.de/
Tag 4: Hinüber nach Brandenburg
Neue Woche, neues Bundesland. Am Montag war es so weit, wir haben die Grenze nach Brandenburg überfahren. Dort haben wir als erstes Halt in Forst gemacht. Dort trafen wir Kämmerer Jens Handreck und Frank Henschel vom Forster Geschichtsstammtisch, die uns über die Geschichte der Brückenruinen in der Stadt aufklärten und darüber sprachen, wie der aktuelle Stand des Wiederaufbaus der Brücken im Moment ist.
Nachmittags ging es dann weiter zum Verein Schöner Land e.V., einem alternativen Verein auf dem Gelände einer alten Gärtnerei, bei der es um ökologischen Landbau ebenso geht, wie um Kunst, Kultur, Freiräume. Bei einem gemeinsamen Abendessen ging es viel um die Frage, was es braucht, um gut in der Region zu leben.
Tag 5: Tagebau Jänschwalde bis Guben
Dienstag war ein besonderer Tag, abgesehen davon, dass es der heißeste Tag unserer Radtour war, ging es für uns auch zu einem Ort, an dem man die Umweltzerstörung durch den Braunkohleabbau besonders gut sehen kann. Wir waren beim Tagebau Jänschwalde, dem 5 Ortschaften ganz und eine Ortschaft teilweise weichen mussten – eine riesige Fläche. Vor Ort unterhielten wir uns mit Andreas Stahlberg, Mitglied des Braunkohleausschusses, und einem Anwohner aus Taubendorf, einer direkt angrenzenden Ortschaft, die von den Folgen des Braunkohleabbaus sehr direkt betroffen ist.
Nach diesem sehr eindrücklichen Termin ging es weiter in die Doppelstadt Guben-Gubin. Dort trafen wir am Bahnhof die Bürgermeister Fred Mahrow (Guben)und Bartłomiej Bartczak (Gubin), die uns ihre Sicht auf die grenzüberschreitende Verbindung dargelegt haben – und auch die Hoffnungen, die sie in den Strukturwandelprozess stecken.
Danach ging es noch zu einem Spaziergang zur Eisenbahnbrücke, die die Neiße überquert, gemeinsam mit dem Dieter Schuster vom VCD Cottbus und dem Geschäftsführer der Euroregion Spree-Neiße-Bober. Dort ging es neben der Frage des grenzüberschreitenden Verkehrs, auch viel um die Frage des grenzüberschreitenden Lebens in Doppelstädten wie Guben-Gubin und auch die Herausforderung, die Corona in den letzten 15 Monaten bedeutet hat.
- Hier findet ihr unsere PM dazu:
Tag 6: Guben bis Eisenhüttenstadt
Der Mittwoch begann mit einer Sonderfolge unseres Podcasts „Lass uns mal machen“, die wir in unserem Hostel in Guben aufgenommen haben. Diesmal leider ohne Laura, dafür mit vor-Ort-Bericht unserer Sommertour – wer sich also noch einmal unsere Erlebnisse anhören möchte, kann dies hier gern tun.
Nachmittags ging es dann weiter nach Eisenhüttenstadt. Dort haben wir den Club Steelbruch besucht, ein sehr cooles Beispiel für Soziokultur und alternatives kulturelles Erleben abseits der großen Metropolen. Wenn dort wieder Veranstaltungen möglich sein werden, freue ich mich da schon auf einen Besuch! Abgesehen davon macht der Verein aber auch politische Bildungsarbeit!
Tag 7: Eisenhüttenstadt bis Frankfurt (Oder)
Unsere Tour endete am Donnerstag in einer weiteren Doppelstadt: Frankfurt(O)/Słubice. Dort besuchten wir gemeinsam mit Sahra Damus (Brandenburger Abgeordnete) die European New School of Digital Studies auf dem Campus des Collegium Polonicum. Eine beeindruckende, grenzüberschreitende Einrichtung, die relativ neu gegründet, noch viel vor hat im Bereich europäischer Vernetzung der Hochschullandschaft.
- Hier findet ihr mehr Infos dazu: https://www.europeannewschool.eu
Auf der Brücke zwischen Frankfurt(O) und Słubice gab es dann ein Abschlussfoto und das Ende unserer Tour.
7 Tage Sommertour endeten – und damit eine sehr intensive Zeit. Ricarda und ich konnten unglaubliche viele Menschen/Initiativen/Vereine kennenlernen, die ihre Region gestalten und über die deutsch-polnische Grenzen hinweg ganz selbstverständlich leben – und nebenbei konnten wir mit dem Rad Sachsen und Brandenburg hautnah erkunden.
Die europäische Dimension unserer Tour entlang des Oder-Neiße-Radwegs hat mich besonders stark beeindruckt. Das beginnt bei grenzüberschreitenden Umweltproblematiken bspw. bedingt durch den Braunkohleabbau, geht weiter zur Thematik des grenzüberschreitenden (Schienen-)Verkehrs und endet nicht zuletzt beim Besonderen Leben in Doppelstädten wie Görlitz/Zgorzelec, Guben/Gubin, Frankfurt/Słubice. 🇪🇺